Die fast 1000 Meter lange Kletterroute am El Capitan im kalifornischen Yosemite Valley gilt als die berühmteste Kletterroute Amerikas oder der gesamten Welt. 1958 kämpften sich Warren Harding, Wayne Merry, George Whitmore und Rich Calderwood in 47 Tagen erstmals über die nasenförmige Kante. Sie schlugen über 700 Haken, brauchten 1000 m Seil. Sie bewerteten The Nose mit VI 5.11/A3 und schrieben damit Klettergeschichte. Später wurde die Route „clean“ mit Klemmkeilen und mobilen Klemmgeräten ohne Verwendung von Felshaken geklettert. 36 Jahre nach der Erstbegehung gelang es der US-Amerikanerin Lynn Hill erstmals, The Nose frei, d.h ohne Hakenhilfe zur Fortbewegung, zu klettern. Sie bewertete die Route mit „5.14a oder 10+“. The Nose ist auch regelmäßig Schauplatz von Rekorden und die Bestzeit für die 1000 Meter Wand liegt inzwischen bei 1:58:11, aufgestellt 2018 von Alex Honnold und Tommy Caldwell.
Schwierigkeit , Länge und Kletterzeit
Die Kletterlänge beträgt rd. 900 Meter verteilt auf 31 Seillängen, die Schwierigkeit beträgt C2 5.9 (A2 VI) - hier steht 5.9 für UIAA 6, C2 für clean grade 2 von max. 5 und VI für Bigwall, mit 2-7 Nächten in der Wand) -Frei 5.14a 8b+ oder 10+ (5.14a). Die Kletterzeit richtet sich nach dem Können und der Bigwallerfahrung, d.h. flüssigem Klettern, Jümarn (mit Steigklemmen am Seil aufsteigen) und dem Houlen (nachziehen des Materialsackes mit Wasser, Essen, ec ).
Die Zeit für The Nose liegt zwischen 1:58 Stunden und 12 Tagen, wobei man in der Regel gut mit 3-4 Tagen durchkommt, wobei der Abstieg auch nicht unterschätzt werden sollte:
1. Tag: Einstieg - Sickle Ledge und dann die Abseilpiste mit 2x 70 m und 1x 60 m Seil einrichten.
2. Tag: Raufjumarn und bis zum El Cap Tower klettern (bester Biwakplatz der Route).
3. Tag: Von dort zum Camp VI (okay für 2 Personen, abschüssige Platte)
4. Tag: Vom Camp VI die letzten Seillängen zum Gipfel und absteigen.
Aussrüstung für The Nose:
- 70m Einfachseil, 60m 8mm Tagline oder ein weiteres Einfachseil
- Klettergurt, Magnesiumbeutel, TcPro Risskletterschuhe
- 3- 4 Sätze Friends bis Größe 3 (idealerweise Totems) plus 2-3 von Größe 4 bis 5 inklusive Microfriends (Schwarze Totems und kleinere BD sind sehr sehr hilfreich in den schweren Seillängen)
- Nuts sind hilfreich, hatten wir dabei aber nie verwendet.
- 2x Microtraxion
- 2x Jumar (wenn man Fixseile legt z. B. in den ersten Seillängen beim Start oder die erste nach dem Biwak, dann braucht es 4 Stk.)
- 10 Express
- ca. 10 Schrauber
- Houlbag, Shitbag (bekommt man im Rangerbüro für 2 Dollar das Stück)
- Einige Schlingen
- Schlafsack, Matte, Daunenjacke
- 3 Liter Wasser pro Tag und Person, bei 3 Tagen also 18!! Liter Wasser
Wenn möglich am besten Totem Cams verwenden, diese klemmen immer und auch viel besser als die anderen Marken. Die spannendsten Seillängen sind sicher das Great Roof, Glowering Spot und Changing Corners (vor allem kleine Friends). Viele Schraubkarabiner braucht es und gutes Standplatzhandling.
Reiseorganisation, Kosten, Permit und Wetter
Die beste Zeit ist Frühjahr oder Herbst, wobei das Wetter im Frühjahr oft nach dem Winter nicht so stabil ist. Der Wetterbericht von Meteoblue passt überall auch im Valley gut.
Ein Nose-Tripp ist bei einem günstigen Flug nach Sa Francisco im Low-Budget-Bereich möglich. Flug 700 - 800Euro, Camp 4 10 Dollar pro Person und Tag, Mietauto 1100 Dollar für 2 Wochen (im Valley braucht man ein Auto um zu den Routen zu gelangen), Essen und sonstiges 500 bis 800 Dollar pro Person. Handyempfang im Valley super und 4G, Notrufnummer 911. Wir waren beide AV versichert und hatten zusätzlich eine Reiseunfall- und Rückhohlversicherung vom Reisebüro.
Gecampt wird klarerweise im Camp 4, idealerweise noch vor dem 20. Mai, da ab diesem Datum verlost wird, wer einen Platz bekommt und wer nicht. Verlost wird online über ihre Website. Theoretisch darf man nur 7 Nächte im Camp 4 übernachten (Anm.: Die Nächte in der Wand zählen auch dazu) dann muss man den Nationalpark verlassen, und nach einer Nacht abseits vom NP kann man wieder einen Platz im Camp 4 belegen.
Für die Kletterrouten am El Capitan und Half Dome ist eine Anmeldung beim Rangerbüro notwendig. Die Ranger geben auch gerne Auskunft über die Verhaltensweisen und auch Verhältnisse und auch der Shitbag kann bei ihnen erworben werden. Das Permit ist kostenlos.
Sonstige Tipps
- Etwas Jumaring-Übung zuhause schadet nicht, vor allem das Setup gut mit den Längen abstimmen. Für die Quergänge gibt es mehrere Systeme, am besten den How to Bigwall climb von Chris Mc Namara gut studieren. (Houlbag System, Quergang System, Aidclimbing….)!
- Je mehr Erfahrung man im Rissklettern hat (und Layback für die Texas Flake), desto mehr kann man frei klettern. Am besten in Cadarese oder Valle del Orco usw. üben, oder man macht vorher einen Abstecher in den Zion Nationalpark/ Indien Creek zum eingewöhnen ins Rissklettern.
- Es gibt sonst zahlreiche andere schöne Routen im Yosemite Valley in allen Schwierigkeiten und kurzen Zustiegen. Auch der Half Dome ist ein must do im Valley.
- Wenn viel in an der Nose los ist, eventuell die Strategie der Biwaks mit den anderen Seilschaften abklären, überholen oder Biwaks anders einrichten. Sonst einen Tag später einsteigen!
- Shitbags: Pro Schiss ein Bag;-) und sie in einem kleinen Houlbag unter dem großen Houlbag nachziehen und im Tal in einen Müllcontainer werfen, evtl die Shitbags in einem wasserdichten Sack verstauen (Geruch und Auslaufen).
- Abstieg:
Daniels Eindrücke von seiner Begehung 2022 am 14. und 15.5 2022
Mehr als die Hälfte meines Lebens träumte ich von diesem Berg, eines Tages eine dieser weltbekannten Routen zu klettern. Mittlerweile ist doch die „Nose“ die wohl bekannteste Kletterroute der Welt. Nachdem ich schon 2020 und 2021 den Flug gebucht und die Reise geplant hatte, klappte es heuer endlich mit Thomas Mair, nach Kalifornien zu reisen, um uns 2 Wochen lang eine Watschen nach der anderen in den leicht bewerteten, aber sehr schwierig zu kletternden Risse im perfekten Granit zu holen. Ausgerüstet mit Essen (hatten viel zu viel dabei) und Wasser für 3 Tage stiegen wir nur 3 Tage, nachdem wir Zuhause gestartet waren in diese imposante und erdrückende Wand ein. Die zwei Biwaks am El Cap Tower und am Camp VI waren wohl die coolsten, die ich in meinem Leben erleben durfte, gibt es doch wenige Wände, die so steil und ausgesetzt sind. Nach 2 Tage Schinderei, ist das Jumarn (Nachsteigen am Seil mit 2 Klemmgeräten) und Houlen (Nachziehen des Materialsackes mit Wasser, Essen, etc.) doch ungewohnt für uns, waren wir am Ausstieg umso glücklicher und um viele Erfahrungen reicher.
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