Der Trango Tower (c) Julius Brunner Der Trango Tower (c) Julius Brunner
09 Oktober 2025

Eternal Flame – Die Rückkehr zur ewigen Flamme

Vier junge Deutsche wiederholen 2025 die legendäre Route am Nameless Tower frei – über 6000 Meter Höhe, 650 Meter Granit und die Fortsetzung einer deutschen Klettertradition.

Über den Granitwänden des Karakorum, wo die Gipfel scharf in den Himmel schneiden und der Wind selbst Legenden erzählt, steht der Nameless Tower – 6250 Meter hoch, makellos und furchteinflößend schön. An seiner Südwand zieht sich eine Linie, die seit über drei Jahrzehnten als Symbol des modernen Alpinismus gilt: Eternal Flame. Eine Route, die das Freiklettern in große Höhen trug und bis heute Klettergeschichte schreibt.

Die Geburt einer Ikone

Die deutsche Kletterelite um Kurt Albert, Wolfgang Güllich, Christof Stiegler und Milan Sýkora reist 1989 ins Karakorum, um eine Vision zu verwirklichen. Ihr Ziel: den markanten Südpfeiler des Nameless Tower frei zu klettern. Sie schaffen es fast – nur vier Seillängen müssen noch technisch unterstützt werden. Was bleibt, ist ein Mythos. Die Linie: 650 Meter Granit, 24 Seillängen, Schwierigkeiten bis 5.12. Der Stil: für die Zeit revolutionär.

Mit Eternal Flame legten Albert und Güllich den Grundstein für eine neue Ära des Expeditionskletterns. Doch die Route blieb lange ein Rätsel: zu hoch, zu technisch, zu dünne Luft. Nur wenige Teams wagten sich an sie – und noch weniger kamen weit.

Die Jahre danach

2003 folgte eine erste bemerkenswerte Wiederholung durch ein französisches Team, das Teile der Route frei kletterte, aber in den oberen Seillängen erneut technische Passagen nutzte. 2009 dann der Durchbruch: Alexander und Thomas Huber gelang die erste komplette freie Begehung. Mit Schwierigkeiten bis 7c+ (5.13a) schrieben sie Alpingeschichte. Ihre Leistung galt als fast nicht wiederholbar – eine perfekte Symbiose aus Sportkletterei und Höhenbergsteigen.

Auch in 2022 wurde Eternal Flame wiederholt: Edu Marín gelang eine freie Begehung, ebenso Barbara Zangerl und Jacopo Larcher, die die gesamte Route im Flash-Stil meistern konnten. Damit setzte sich die Tradition fort – die Route bleibt ein Maßstab für technisches Können und mentale Stärke.

Die deutsche Begehung 2025

Im August 2025 gelingt vier jungen deutschen Alpinist*innen ein Coup, der die Route erneut ins Rampenlicht rückt: Rosa Windelband, Hanna Kallweit, Sebastian Gantz und Julius Brunner klettern Eternal Flame komplett frei – jede Seillänge wird von mindestens einer Person des Teams im Vorstieg gemeistert.

„Als Team – Rosa Windelband, Hanna Kallweit, Sebastian Gantz und Julius Brunner – ist es uns gelungen, die gesamte 650 Meter lange Route frei zu klettern, mit Schwierigkeiten bis 7c+ auf über 6000 Metern. Unser gemeinsames Ziel war, dass jede Seillänge von mindestens einer Person des Teams frei geklettert wird – wir freuen uns, genau das geschafft zu haben. Am 11. August 2025 um 16:00 standen wir auf dem Gipfel des Nameless Towers.“

Der Zustieg und die Logistik unterschieden sich dabei deutlich von früheren Expeditionen. Der Zugang zum Nameless Tower erfolgt heute über den Trango-Gletscher, nicht mehr wie zu Zeiten der Erstbegeher über den Dunge-Gletscher. Das Basislager auf der oberen Seeseite wird regelmäßig von Steinschlag und Muren bedroht, weshalb sich das Team für einen sichereren Lagerplatz am unteren Seeende entschied.

Ein guter Biwakspot liegt auf etwa 5000 Metern an einem großen Block in der Aufstiegsrinne. Das Materialdepot befindet sich bei rund 5200 Metern, dort sollte man wegen Steinschlaggefahr nicht übernachten. Ab dem Sattel gilt das Gelände als objektiv sicherer. Die sogenannte Sonnenterrasse bot der Seilschaft schließlich den besten Wandstützpunkt: viel Platz und Schutz – bis dorthin legten sie 300 Meter Fixseil. Weiter oben, auf dem Snowledge, ist Biwakieren möglich, aber wegen Eisschlagrisiko nicht ideal.

„Dank einer ungewöhnlich stabilen Wetterphase hatten wir mehr Zeit in der Wand als ursprünglich geplant“, berichtet das Team. „So konnte Julius Brunner am Ende sogar jede Seillänge rotpunkt durchsteigen. Trotzdem bleibt der Erfolg vor allem eine Teamleistung – möglich durch unseren gemeinsamen Traum, gegenseitige Unterstützung, die Entschlossenheit aller und eine auf das Team angepasste Logistik.“

Zur Kletterei selbst sagt die Seilschaft: „Alle Seillängen der Eternal Flame sind fünf Sterne wert“ – perfekter Granit, logische Linien, abwechslungsreiche Risskletterei. Die schweren Längen im 9. Grad bestehen aus präziser Finger- und Piazkletterei. Alle Stände sind gebohrt und wurden 2025 vom Team mit neuem Schlingenmaterial versehen – unterstützt durch Edelrid.

Mehr als nur eine Route

Eternal Flame ist mehr als ein Stück Fels. Sie steht für Vision, für den Glauben an das freie Klettern – auch dort, wo die Luft dünn und der Granit scharfkantig ist. Von Albert und Güllichs Pioniergeist über die Huber-Brüder bis zu Windelband, Kallweit, Gantz und Brunner zieht sich dieselbe Idee: das technisch und körperlich Mögliche in größter Reinheit zu verwirklichen.

Mehr als dreißig Jahre nach ihrer Erstbegehung brennt die „ewige Flamme“ heller denn je – als Symbol für Leidenschaft, Hingabe und das unerschütterliche Streben, Grenzen zu verschieben.

Route & Fakten

Merkmal Information
Name Eternal Flame (Südpfeiler, Nameless Tower, Karakorum)
Höhe Berg ca. 6250 Meter
Länge der Route ~ 650 Meter, ca. 24 Seillängen
Schwierigkeit bis 7c+ (5.13a) frei geklettert
Erstbegehung 1989 – Kurt Albert, Wolfgang Güllich, Christof Stiegler, Milan Sýkora (mit AO-Stellen)
Erste vollständige Freie Begehung 2009 – Alexander & Thomas Huber
Wiederholungen 2022 Edu Marín; Barbara Zangerl & Jacopo Larcher (Flash)
Deutsche Team-Free Begehung Rosa Windelband, Hanna Kallweit, Sebastian Gantz, Julius Brunner, 2025, supported by Vallerie Hähnel und Lioba Rößler.
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